Labor für die Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle

Eine Vielzahl von Unternehmen und Organisationen strebt aktuell eine stärkere Digitalisierung ihrer Geschäftsmodelle an, was in der Regel sowohl die Produkte und Dienstleistungen als auch die Leistungserstellungsprozesse massiv verändert. Beispiele sind Sensoren in Werkzeugen und Maschinen, die deren Nutzungsprofil erfassen und die vorausschauende Wartung ermöglichen oder die Integration von Kunden und Zulieferern in die Wertschöpfungsprozesse ohne Medienbrüche. Besonders kleine und mittelständische Unternehmen (kmU) sind hinsichtlich der Potentiale der Digitalisierung und der Effekte auf ihre Geschäftsmodelle noch unerfahren. Dies ist die Zielgruppe, die der Lehrstuhl Wirtschaftsinformatik mit dem neuen Labor für die Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle unterstützen will.

Im Umfeld der Digitalisierung sind effiziente und effektive Mittel zur Überprüfung von Digitalisierungspotential und -machbarkeit sowie entsprechende Methoden und Werkzeuge von hoher Bedeutung. Dies gilt besonders für Digitalisierungsoptionen, die „kontext-orientiert“ gestaltet sind, d.h. die Anpassung einer Dienstleistung oder der Funktionalität eines Produkts auf das aktuelle Einsatzumfeld ermöglichen. Kontext-Orientierung setzt den Einsatz von Sensoren oder die Auswertung von Daten voraus, um das systematische Erfassen und Auswerten von Informationen über die Situation der Dienstleistung bzw. des Produkts zu erlauben.

Das Ziel des neuen Labors aus Forschungssicht besteht in dem Verstehen des Bedarfs der kmU hinsichtlich Digitalisierung, dem Entwickeln und Validieren einer entsprechenden Methode sowie dem Identifizieren von Erfolgsfaktoren für Digitalisierungsprojekte. Hinsichtlich der kmU ist das Ziel, Hilfestellung bei der Erkundung von Lösungsmöglichkeiten und dem methodischen Vorgehen zu geben.

Die Ausstattung des Labors umfasst zum einen Komponenten zur Kontexterfassung und –verarbeitung, die beispielsweise ortbezogene und zeitbezogene Informationen ebenso liefern können, wie der Identifizierung von Personen oder der Kategorisierung von Personengruppen dienen. Zur Ermittlung von Geschäftsmodelloptionen unter Integration des Kontextes werden im Labor auch die unterschiedlichen Entwicklungsphasen für digitale Geschäftsmodelle unterstützt. Dabei sind sowohl industriell etablierte Werkzeuge als auch innovative Ansätze vorhanden.

Tabelle 1: Ausstattung der integrierten Umgebung für Kontext-Erfassung und -verarbeitung

Aspekte des Kontexts Relevante Technologien Anwendungsbeispiel
K1: Ortsbezogene Informationen GPS über Smartwatches, Lokalisierung in Gebäuden über Ultraschall und Apps Einzelhandel: Navigation vom Kunden zum Produkt im Laden
K2: Zeitbezogene Informationen Datenlogger auf Basis von Smartwatches Gesundheits-Apps und Anpassung von Dienstleistung auf Gesundheitszustand des Nutzers
K3: Identifizierung einer Person Kameras, RFID-Leser, NFC-Leser Bedarfsbezogene individuelle Informationsbereitstellung
K4: Kategorisierung von Personen Auswertung Video- und Audio-Signale Assistenz für besondere Personengruppen

Tabelle 2: Ausstattung der integrierten Umgebung mit Bezug zu den Entwicklungsphasen von Geschäftsmodellen

Ausstattung je Phasen P1-P6 Industriell etablierte Ansätze
Technologien mit Innovationspotential
P2: Modellierung Kontext Business Model Canvas Werkzeuge zur Modellierung von Geschäftsmodellen
P3: Realisierung von kontext-basierten Anwendungen Software-Entwicklungsumgebungen App Entwicklungsumgebungen
P4: Speichern und Verwalten von Kontext Relationale Datenbanken Datenbanken für Zeitreihen, Triple Stores, Graph-Datenbanken
P5: Visualisierung von Kontexten + kontext-orientierter Dienste Monitore, Großbildleinwände Blackboard, schaltbares, elektrochromatisches Glas, Monitore für interaktive Dienste
P6: Erfolgskontrolle und Auswertung Kundenbefragung, Auswertung von Umsätzen, Beobachtung Eye-Tracking, Video-Aufzeichnung und Auswertung